Nach 116 Jahren ist Schluss! Ein weiterer Traditionsbetrieb in Bischofsheim macht dicht. Und einer, der bis zum Ende letzten Jahres noch in jedes Haus kommen konnte: Der „Wasser-Schad“. „Der“ war seit achtzehn Jahren eine „Die“; denn die ältere Tochter des Hauses in der Darmstädter Straße hatte übernommen. Aber der Vater war bis zum bitteren Ende immer noch dabei. „Ich würde ja gern weitermachen“, sagt Heinz Schad zuhause am Küchentisch. „Aber deine Ärzte haben’s dir untersagt“, kontert Heike Schad. „Seit seinem 14. Lebensjahr trägt er die Kisten und mit 82 darf man auch mal in den Ruhestand gehen.“ Und alleine weiterzumachen war keine Option.
Angefangen hat alles mit der Herstellung von „Klicker-Wasser“ aus dem eigenen Brunnen. Die Abfüllung erfolgte in Kugelverschlussflaschen, wobei eine Kugel im hiesigen Volksmund ja gerne auch als Klicker bezeichnet wird. Damals gründete der 25-jährige Johannes Schad XIII, eine Getränkefirma in eigener Regie. Der Sohn, Johann Wilhelm Schad, geboren 1913, trat schon als Jugendlicher in den Betrieb. 1956 wurde das Wohn- und Geschäftshaus neu gebaut und am 1. Januar 1979 an Sohn Heinz Wilhelm übergeben. Und dann erfahre ich dessen wahre Geschichte; denn geboren ist er in Rheinhausen, mitten im Krieg. Der verheiratete Vater war als Soldat zum Schutz fern der Heimat, traf auf eine sehr junge Hildegard „und so bin ich beim Fremdgehen entstanden“, erzählt der alte Heinz. Nach der Volksschule im Ruhrgebiet wurde der Junge von der Stiefmutter Elisabeth in die Bischofsheimer Familie integriert, hatte aber Probleme, die Menschen vor Ort zu verstehen. „Hochdeutsch konnten die hier nicht!“
Nach ihm konnte man die Uhr stellen
1965 heiratete Heinz Schad Margarete Winkler, die er bei einer Hochzeit am niedersächsischen Standort seiner Bundeswehrzeit kennenlernen durfte. 1968 kam Heike zur Welt, zwei Jahre ihre Schwester Birgit. Mutter Grete, die 2022 verstarb, managte erfolgreich den Getränkehandel. Das Familienunternehmen blühte und gedieh, zwanzig Paletten Mineralwasser, zunächst „Hessen-Quelle“, dann „Luisenbrunnen“, schließlich von der fusionierten „Hassia“, kamen pro Woche in den Umlauf, geliefert in die zahlreichen lokalen Gastwirtschaften, vor allem von Haus zu Haus. Nach Heinz Schad konnte man die Uhr stellen, beispielsweise samstags um 8.30 Uhr in der Gutenbergstraße, ein Schwätzchen mit Bäcker Dornbach, dann gegenüber, die wöchentliche Kiste mit „Elisabethen-Quelle“ in Glasflaschen und ein paar Häuser weiter die Lieferung für weitere Nachbarn. Man hörte ihn knatternd Kommen und Weiterfahren, auch weil er immer lautstark etwas zu berichten hatte.
Apfelwein und Bier kamen aus dem Odenwald, aber auch von Possmann und Binding aus Frankfurt, viel „Helles“, auch „Pils“, später „Weizen“. Aber: „Früher war mehr Bier!“ Bei der Feuerwehr, den Siedlern, der Kerb, bei Schul-, Vereins- und Straßenfesten. Zumeist mit kompletter Ausstattung, mit Zelten und Sonnenschirmen, Kühlschränken und Zapfanlagen, Tischen und Bänken. Während Corona haben die Schads vor allem dank der treuen Privatkunden überlebt. Und weil sie (fast) überall dabei waren: bei den Radfahrern, beim Hundeverein, dem Liederkranz, beim Kegelclub „Radau“ oder über viele Jahrzehnte in der SPD. Jedes Jahr gab es für die Kunden einen Kalender. „Den gibt’s auch nicht mehr“, sagt Heike Schad. Und Heinz Schad ergänzt: „Und auch der Lieferwagen hat fertig!“
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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