Leser von »Neues aus der Mainspitze« sind sauer: „Damit, dass wieder LKW über 7,5 Tonnen durch die Gustavsburger Bahnunterführung fahren, bricht Thorsten Siehr (SPD) sein größtes Wahlversprechen“. „Die Behauptung ist schlicht falsch“, entgegnet Bürgermeister Siehr. Die Anordnung eines LKW-Durchfahrtverbots befinde sich noch in Vorbereitung und kann hoffentlich zeitnah zum Abschluss der Arbeiten an der Unterführung erlassen werden, antwortet seine Pressestelle. Der Widerspruch: Der heutige Bürgermeister grenzte sich im Wahlkampf 2021 zum Thema „Sperrung der Gustavsburger Bahnunterführung für Schwerlastverkehr“ gerade mit dem Detail, auf umfangreiche Vorarbeiten zu verzichten und sofort sperren zu wollen, von seinem Amtsvorgänger und Gegenkandidaten ab. In diesem Beitrag, stelle ich seine früheren Aussagen in Interviews und die aktuelle Darstellung der Verwaltung gegenüber.
Mit den Worten „Zwei Themen sind mir besonders wichtig (…) das ist die Unterführung in Gustavsburg. Das die dann endlich für Schwerlastverkehr über 7,5 Tonnen gesperrt wird“, stellte sich Thorsten Siehr als Kandidat fürs Bürgermeisteramt in Ginsheim-Gustavsburg im Oktober 2021 in der Sendung »GiGu to go« vor. Damals konfrontierte ich ihn mit einer Aussage des damaligen Bürgermeisters: Axel S.: Du sagst, wenn du Bürgermeister bist, ordnest du die Sperrung für Schwerlastverkehr mit sofortiger Wirkung an. Der aktuelle Bürgermeister sagt aber, das geht nicht und argumentiert so [Rückblick 1]:
[Rückblick 1] Bürgermeister von Trotha erklärte Lärm- und Abgasmessung durchführen zu müssen. Nur dadurch könne eine verkehrsbehördliche Anordnung, den LKW-Verkehr zu sperren, erwirkt werden. Die alleinige Kompetenz, einfach zu sperren, habe der Bürgermeister nicht. Auch Hessen Mobil und das Landrats-amt müssten dem zustimmen.
Thorsten widerspach und verwies auf zahlreiche Lärmmessungen im Vorfeld des Projektes [Rückblick 2]:
[Rückblick 2] „... ich bin der Meinung, die sind ausreichend, um eine solche Anordnung, die in der Tat der Bürgermeister alleine treffen kann – natürlich sind dazu die genannten Fachbehörden zu hören –, dass das ausreichend ist. Und im Sinne der Bürger jetzt diese Anordnung zu treffen, finde ich ungemein wichtig. Wenn nachher da rechtliche Zweifel von Gerichten daran erhoben werden – dann Bitteschön. Aber im Sinne der Bürger ist das erst mal eine Entscheidung.“
Im Sommerinterview im August 2022 fragte ich: „Du sagtest, »wenn ich gewählt bin, sperre ich die Bahnunterführung sofort für LKW- und Schwerlastverkehr«. Wie ist der aktuelle Stand?“ In seiner Antwort verwies er auf die Baumaßnahmen der Bahn [Rückblick 3].
[Rückblick 3] „Ja, da ist mir die Bahn ein bisschen zu Hilfe gekommen. Wir haben de facto schon ̕ne Sperrung für LKW über 7,5 Tonnen durch die weiteren Baumaßnahmen. Und die Baumaßnahme zeigt auch, sag ich mal, dass der kritische Blick, den Hessen Mobil vielleicht auf das Thema hatte, nicht ganz so begründet ist. Wir haben keine Probleme, die sich dadurch im Ortsverkehr ergeben. Und deswegen denke ich, dass wir im Anschluss da entsprechend weitermachen können und die 7,5 Tonnen gesperrt bleiben.“
Auf die Rückfrage „Im Anschluss heißt, wenn die aktuelle Baustelle weg ist?“, antwortete Thorsten Siehr kopfnickend mit „Joa“.
Seit Dezember wieder für Schwerlastverkehr freigegeben
Die Stadtverwaltung begründet die Freigabe für LKW-Verkehr mit Vorfällen von wendenden Lkw, durch die sich Staus häuften. „Die Freigabe, die – nach den ersten Beobachtungen und Erfahrungen der Stadtpolizei – nachweislich zu einer Entlastung der Verkehrssituation beigetragen hat, ist für die Zeit der Baustellensituation und bis zur Durchsetzung eines geplanten Durchfahrtsverbots vorgesehen“, so die Pressestelle.
Auf unsere Anfrage, wie der Bürgermeister zum Vorwurf, er breche sein Wahlversprechen, steht, sendete uns seine Pressestelle eine Übersetzung des Wahlversprechens in Verwaltungs-Deutsch: „Die Anordnung eines LKW-Durchfahrtverbots auf Grundlage von § 45 (1b) Nr. 5 STVO zur »Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung«, welches immer erklärtes Ziel des Bürgermeisters Thorsten Siehr war und auch immer noch ist, befindet sich in Vorbereitung ...“.
TV-Serien schaue ich persönlich gerne in der Originalsprache. Mein Eindruck ist, dass bei der Übersetzung inhaltliche Nuancen verloren gehen. Ob hier die Übersetzung der Wahlkampf-Sprache in Verwaltungs-Deutsch gelungen ist, darf jeder selbst entscheiden.
Axel S.
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