Ein Leben für Gemeinschaft und Geselligkeit

Udo Finkenauer wird 80 Jahre alt

Die erste Nacht in der Böckler-Siedlung verbrachte er mit dem Segen seiner zukünftigen Schwiegermutter. „Du darfst bleiben“, sagte sie; denn sie hatte Mitleid mit dem frisch Verlobten ihrer Tochter, der im eisigen Winter spät abends noch mit dem Moped zurück nach Rheinhessen gemusst hätte. Sie hatten sich bei der Weinlese in Stadecken kennengelernt. So wurde Udo Finkenauer gerade mal mit zwanzig Jahren Bischofsheimer. Am 20. Februar 2024 begeht er den 80. Geburtstag.

1944 in Mainz geboren zu sein, war sicherlich nicht einfach. Der Zweite Weltkrieg kam mit zahlreichen Luftangriffen der Alliierten nun auch in der Rhein-Main-Region in seine finale Phase. In seiner Kindheit waren alle damit beschäftigt, beim kurzfristigen Wiederaufbau und beim täglichen Überleben. Acht Jahre besuchte er die Volksschule in Schwabenheim, wo sein Großvater „Hessischer Bürgermeister“ war, wie es auf seinem Grabstein festgehalten ist. 

 


 

„Schwester Udo“ im Ort und in der Bütt

„Man musste schon in jungen Jahren Geld verdienen“, erzählt Udo Finkenauer von seiner Lehre als Tankwart. Beim Roten Kreuz machte er eine erste Ausbildung zum Sanitäter, an der Universitätsklinik wurde er Krankenpfleger und schließlich Pflegekraft bei der Gemeinde Bischofsheim. Das war ungewöhnlich; denn dieser Job war bisher nur in Händen von Frauen. Kein Wunder, dass er schon schnell einen Spitznamen verpasst bekam: „Schwester Udo“. Und er reagierte mit Humor, besorgte sich Perücke sowie Häubchen und stand im weißen Kittel in der Bütt beim Bischofsheimer Carneval-Verein.

 

Siedler-Gemeinschaft als Groß-Familie

Mit seiner Frau und dem Einzug in das kleine Häuschen in der Dr.-Hans Böckler-Straße heiratete er gewissermaßen auch die „Siedlergemeinschaft“. Juliane war die Tochter des Gründers Johann Sticker, der 1951 aus dem Spessart kommend bei Opel seinen Arbeitsplatz fand. In der Freizeit bauten die Zugezogenen und Geflüchteten sich ihre Eigenheime, vor allem auch durch Nachbarschaftshilfe.

Udo Finkenauer amtierte über Jahrzehnte als Vorsitzender, „zunächst gezwungenermaßen“, wie er mit einem verschmitzten Lächeln bekundet. Es war der Nachbar Willi Claas, der ihn mit in die „Brunnenschänke“ genommen hat, wo ein neuer Vorstand für die Siedlergemeinschaft gewählt wurde. Und so startete die Ära Finkenauer, in der die Mitgliederzahl von 27 auf 148 emporschnellte und die legendären Siedlerfeste gefeiert wurden. 

 

Zwischen Eisenbahnlandschaft und „Großem Loch“

Ach, ja: „früher“, da konnte man noch zu Fuß über den Steg die Eisenbahnlandschaft genießen; zumal „die Kinder aus dem Ort nie in die Siedlung kamen“. Wo doch dort das sagenumwobene „Große Loch“ liegt, vor dem die Eltern gewarnt haben, das gefährlich sei und schon deshalb eine große Anziehungskraft hatte. 

Das Ehepaar schätzt aber das schöne Wohngebiet, „eher ruhig und naturnah“, auch nach der Erweiterung im Jahre 1970, in dem sich auch die Familie erweiterte. Sohn Stefan kam zur Welt und auch er wurde ein fundamentaler Faktor im Bischofsheimer Vereinswesen. Aus dem Akkordeonspieler wurde der Vorsitzende des Handharmonika-Spielrings und auch seine jüngere Schwester Katja gehört zum Orchester, die ebenso wie die beiden Enkelinnen den Opa feiern werden. Alles Gute zum Geburtstag wünscht auch: 

 

 

Professor Dr. Wolfgang Schneider


22.02.2024