Seit 2012 betreibt die Contargo Rhein-Main GmbH das Container-Terminal auf dem Gelände der ehemaligen Schiffswerft in Gustavsburg. Ehemals am Mainzer Zollhafen ansässig, baute das Unternehmen die Kapazitäten sukzessive aus. Mitten im dichtbesiedelten und engbebauten Gustavsburg und Kostheim belastet schon seit Langem starker Schwerlastverkehr von und zu dem Terminal die Anwohner.
Doch damit nicht genug, wird die örtliche Bevölkerung nun auch einem weiteren Risiko einer ganz anderen Gefahrenklasse ausgesetzt werden: Bereits am 26.10.2020 erhielt die Betreibergesellschaft vom zuständigen Regierungspräsidium Darmstadt die Genehmigung für die Erweiterung des Schiffsterminal um einen Umschlagplatz für Gefahrgutstoffe. Die Anlage befindet sich derzeit in Bau und wird wohl in Kürze in Betrieb gehen. Dann können gefährliche Güter wie hoch explosive Stoffe oder hochgiftige Materialien im Schiffsterminal gelagert und umgeschlagen werden. Den Kommunen droht dann noch mehr und auch risikoreicherer LKW-Verkehr. Keine guten Aussichten für den Schutz der Gesundheit der Bürger.
Obwohl schon der Gesetzestext auf die dramatischen Auswirkungen auf die Bevölkerung und deren Lebensqualität hinweist (siehe Kasten), haben die Kommunen kaum Mitspracherecht. Zudem gilt: „Das Genehmigungsverfahren wird ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt“ – so das Regierungspräsidium (RP).
Seit Anfang März geht das Thema durch die Presse und die Beunruhigung und Irritation in Gustavsburg und Kostheim ist verständlicherweise groß. In Kostheim ärgert man sich über fehlende Informationen aus der Nachbarstadt und in GiGu stößt man auf überraschte Politiker:innen aller Parteien, die offensichtlich zum ersten Mal davon hörten.
Was etwas sonderbar ist, denn die Stadt wurde durchaus im Vorfeld mit in den Entscheidungsprozess mit einbezogen, was Guido Martin (RP) als auch Andreas Klopp (GiGu) auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigten.
Im Mai 2018 wurde der Antrag zur Errichtung eines Gefahrengut-Umschlagplatzes von Contargo beim zuständigen Regierungspräsidium eingereicht. Neben drei weiteren Behörden wurde in der Folgezeit auch die Stadt Ginsheim-Gustavsburg beteiligt – und zwar „…hinsichtlich bau- und planungsrechtlicher Belange sowie im Hinblick auf allgemeine gesundheitspolizeiliche und umwelthygienische Fragen.“ (RP)
In diesem Rahmen hat die Stadt ihre Möglichkeiten genutzt und in drei Schreiben an das RP in 2018, 2019 und 2020 die sogenannte Erteilung des Einvernehmens verweigert.
Da aus dem Genehmigungsantrag ein Gefährdungsradius von 110 Metern hervorging und im Ernstfall die kommunale Sportanlage massiv betroffen wäre, hat der Magistrat der Stadt eine Eingabe beim RP gemacht, um das Vorhaben zu kippen. Auch wenn die Stadt am Ende über keine rechtlichen Möglichkeiten verfügte, konnte erreicht werden, dass der Gefahrenradius auf 55 Meter und die zu lagernde Stoffmenge vom RP reduziert wurde. Dazu Bürgermeister Thies Puttnins von Trotha: „Das Regierungspräsidium hat den Betrieb dieses Gefahrgutumschlags trotz unserer vorgebrachten Einwände dennoch genehmigt, Zumindest konnten wir aber mit unserer Eingabe eine Begrenzung der Gefährdung auf das Betriebsgelände erreichen“.
Entgegen der in der Presse geäußerten Überraschung bei Vertretern der CDU, SPD, Grüne, FWG und Linken wurde seitens des Magistrats sehr wohl etwas unternommen, um das Gefahrenrisiko für die Bevölkerung zumindest etwas einzudämmen und dies nicht ohne Ergebnis. Kaum vorstellbar, dass dieses Thema in den letzten Jahren nicht auf den Tischen der Parlamentarier lag.
Wie geht es aber weiter – kann der Umschlagplatz noch in letzter Minute verhindert werden? Während der Magistrat nun für weitere Schritte keine Rechtsgrundlage sieht, geben sich die Protagonisten der Parteien in der Presse deutliche agiler. Hoffentlich bleibt es nicht nur bei einer Stadtverordnetenversammlung mit Empörungsäußerungen und Solidaritätsbekundungen.
Ralf Nussbeutel
Genehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (Grundlage RP):
(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. (…)
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