Gesundheit

Das erste Gespräch dieser Serie betrifft keine Krankheit, sondern eine medizinische Krisensituation: 

„Unser Kind kommt viel zu früh“

 

So wie dies Kerstin Luley, Floristin aus Ginsheim, vor fast sieben Jahren erlebt hat. Die Geburt ihres zweiten Sohns war für Ende Dezember berechnet. Nach Komplikationen in der Schwangerschaft haben ihre Ärzte Ende September, in der 26. Schwangerschaftswoche, dringend empfohlen, den Jungen per Kaiserschnitt zu holen. Der Kleine war bei 34 cm Größe nur 720 g schwer, weniger als drei Päckchen Butter, wie Kerstin Luley betont. 

 

Nicht jede Klinik kann so kleine Frühgeborene behandeln. Kerstin Luley kam in die Unimedizin Mainz. Deren Neonatologie hat viel Erfahrung mit sehr kleinen Frühgeborenen. Und sie geht vorbildlich mit ihren Patienten um: Keine Frage war zu viel, Behandlungsoptionen mit Chancen und Risiken wurden besprochen, die Patientenakte war für die Eltern immer zugänglich, berichtet Kerstin Luley. Und sie konnte über ihre Ängste mit Pfleger:innen und Ärzten sprechen, konnte sich bei ihnen im besten Wortsinn ausweinen. Regelmäßige Besuche, Kuscheln mit den Kindern, das war niemals ein Problem. Kerstin Luley war es wichtig, dass ihr Großer selbst erfahren konnte, was mit seinem kleinen Brüderchen vorgeht – er durfte ihn besuchen. 

In der Zeit war neben der Klinik für Kerstin Luley die Familie die wichtigste Stütze. Ihr Mann und die Großeltern kümmerten sich auch um den Großen. Entscheidend war, dass der Kleine auf dem Weg in das Leben die wichtigsten Hürden nimmt. So hing bei einem Besuch auf der Intensivstation eine Blume „Heute hatte ich 1.000 g!“ am Inkubator. Wieder weniger Angst, dass es schief geht, mehr Zuversicht, dass der kleine Kämpfer seinen ersten und größten Kampf gewinnt.

Was bei der Behandlung von Krankheiten oft eine große Rolle spielt, war für Familie Luley erst später wichtig: Der Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern. Den pflegt Kerstin Luley bis heute über eine Facebook-Gruppe, in der Fragen wertschätzend beantwortet, Ängste und Sorgen offen ausgesprochen und angenommen werden. Wer den direkten persönlichen Kontakt vorzieht, findet ihn in der Regel unmittelbar über die Klinik. In Mainz wie auch beim GPR Klinikum in Rüsselsheim gibt es Selbsthilfegruppen, die den Erfahrungsaustausch unter den Betroffenen moderieren, Informationen vermitteln und auch als Zuhörer ansprechbar sind. 

 

Der Lions Club Bischofsheim stellt in diesem Jahr die Hälfte des Erlöses des Entenrennens im Rahmen des Altrheinfests (am Sonntag, 2. Juni 2024) dem FIPS Rüsselsheim e.V., dem Förderverein der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Rüsselsheim, für die Betreuung intensivmedizinisch zu behandelnder Früh- und Neugeborener zur Verfügung. Übrigens gibt es noch einige Entenlose, spätestens am Samstag vor dem Rennen sollten die auch noch verkauft sein.

 

 

Einen wichtigen Tag hat Kerstin Luley in ihrem Kalender alljährlich vermerkt: den Weltfrühgeborenentag am 17. November, an dem die Freude über die Frühchen, die es geschafft und sich in das Leben gekämpft haben, ebenso Raum findet wie das Gedenken an die, denen Ärzte, Pflegende und Eltern letztlich doch nicht helfen und sie gehen lassen mussten.


Die Gespräche führt Ulrich Repkewitz ...

... Jurist aus Bischofsheim, der mit 34 Jahren an einer Leukämie erkrankt war und sich bis heute in der Selbsthilfe engagiert: seit drei Jahren als 2. Vorsitzender der Leukämiehilfe Rhein-Main e.V., die betroffene Erwachsene und deren Angehörige bei Leukämien und Lymphomen unterstützt.




30.05.2024