Im Juni vor sechs Jahren übernahm Thies Puttnins-von Trotha (CDU) das Amt des Bürgermeisters von Ginsheim-Gustavsburg. Im Juni diesen Jahres übergibt er die Führung der Rathäuser an seinen Nachfolger Thorsten Siehr (SPD). Rückblick: Mit seinem knappen Wahlsieg im Jahr 2015 überraschte Thies die Ginsheim-Gustavsburger, die seit 70 Jahren nur SPD-Bürgermeister kannten. Die Offenheit, mit der er auf das Amt des Stadtoberhauptes zuging, legten ihm die Menschen der Mainspitze unterschiedlich aus. Verwaltungsmitarbeiter freuten sich über Gehör für ihre Ideen, Kontrahenten nannten ihn naiv und Bürger erstaunte er mit dem Aufbauen von Bierbänken bei Veranstaltungen oder dem Müllsammeln in seiner Mittagspause. In seiner Amtszeit läutete Thies Puttnins-von Trotha die Mobilitätswende ein, etablierte einen Naturkindergarten, hielt zahlreiche Wahlversprechen, die zunächst belächelt wurden und setzte damit neue Maßstäbe.
Wegen seiner Kandidatur zum Landrat des Kreises Groß-Gerau in 2021 entschied er sich dagegen, erneut als Bürgermeister für GiGu anzutreten. Seine Wahlniederlage gegen Amtsinhaber Landrat Thomas Will nahm er sportlich.
Viel Spaß mit diesem Artikel über den Mann, der wegen der Liebe zur Ginsheimerin Johanna von Trotha auf die Nonnenau zog und den Sprung ins kalte (Rhein)Wasser beherrscht wie kein Zweiter.
„Nutzte Thies Puttnins-von Trotha die Landratskandidatur als Chance um einer möglichen Niederlage bei der Wiederwahl zum Bürgermeister von Ginsheim-Gustavsburg zu entgehen?“ – es gibt keine Frage, die mir zu ihm häufiger gestellt wurde. Nachdem ich mich über sechs Jahre intensiv mit Thies befasste und vor allem sein Verhalten rund um Amt, Niederlagen und Siege beobachtete, antworte ich darauf mit »Nein«. Ich bin davon überzeugt, er sah im Landratsein ein Abenteuer, in das er sich gerne hineingestürzt hätte, wie bei seinem Neujahrsschwimmen ins kalte Rheinwasser.
Ich lernte Thies 2015 bei Videointerviews zur Bürgeremeisterwahl für »GiGu wählt – wähl‘ auch du!“ (daraus entwickelte sich später »GiGu to go« und diese Zeitung) kennen. Beim Vorgespräch überzeugte er mich mit seiner lockeren, sympathischen Art. Nach der ersten Videoaufzeichnung mit ihm dachte ich aber: „Der hat keine Chance“. Während die anderen mit vorbereiteten Themen und zurechtgelegten Sätzen vor die Kamera traten, sprang Thies einfach mal ins kalte Wasser und quatschte drauf los. Was mich damals irritierte, beschreibe ich heute so: Thies Puttnins-von Trotha ist extrem offen dafür, Neues vorurteilsfrei auszuprobieren – und er schämt sich nicht, eine Sache im Laufe eines Prozesses erst zu erlernen. Allein in seiner Zeit auf der Nonnenau lernte er so Schafe zu scheren, Apfelsaft zu keltnern, Honigbienen zu pflegen, eine Fähre zu fahren und vieles mehr. Auch seine Auftritte vor der Kamera professionalisierte er so, dass seine Performance (u.a. beim GiGu to go Neujahrsclip) mittlerweile mit zu den besten dieser Serie gehört.
„Das werde ich vermissen!“
Große Freude bereitete dem Bürgermeister die Weiterentwicklung der Kindergärten. „Bei der Einweihung neuer Spielgeräte oder auch neuer Räumlichkeiten verzauberten mich immer die glücklichen Kinderaugen“, so Thies Puttnins-von Trotha, den auch der Zusammenhalt innerhalb der Verwaltung nachhaltig berührte. „Die Coronapandemie war die größte Herausforderung meiner Amtszeit. Es beeindruckt mich heute noch, wie alle Kolleginnen und Kollegen an einem Strang zogen, um sich ständig ändernde Maßnahmen umzusetzen, kaum verfügbare Hygieneartikel zu besorgen und der schwierigen Situation Herr wurden und immer den Blick für die Bürger:innen zu behalten,“ so der Bürgermeister.
„Dafür habe ich mich eingesetzt!“
Dass es mittlerweile in Ginsheim-Gustavsburg ein gelbes Fahrrad-Verleih-System gibt, beruht zwar nicht auf der Idee von Thies Puttnins-von Trotha (der Gedanke wurde von Grünen und SPD vor der Bürgermeisterwahl 2015 angestoßen), aber Thies gründete in seiner Amtszeit das »Team Mobilität«, welches das MVG-Meinrad und das Carsharing von Book-n-Drive nicht nur nach Ginsheim-Gustavsburg holte sondern mit weiteren Aspekten verknüpfte. Mit den Verwaltungsmitarbeitern des Mobilitätsteams setzte sich der Bürgermeister auch dafür ein, den Menschen der Mainspitze (z.B. in Form von Lastenrädern) weitere Möglichkeiten der klimaneutralen Mobilität aktiv anzubieten, die Fahrzeugflotte der Stadtverwaltung zu reduzieren und bei weiteren Themen die Nachhaltigkeit zu beachten.
Er selbst verzichtete von Anfang an auf einen eigenen Dienstwagen, fuhr häufig mit einem E-Bike, welches eine Bürgerin der Stadtverwaltung spendete, und schaffte die Bürgermeisterparkplätze an den Rathäusern ab. Der Verzicht auf Parkplatz und Dienstwagen wurde erstmals in der letzten »GiGu wählt« - Folge per Kommentar einer Bürgerin ins Spiel gebracht und teilweise belächelt. Damit, dass Thies Puttnins-von Trotha dieses Thema ernst nahm und genauso umsetzte, wie der Verzicht auf sein zweites Amtszimmer im Gustavsburger Rathaus, sorgte er dafür, dass auch sein Nachfolger ohne Dienstwagen, personalisierten Parkplatz und mit nur einem Büro in seine Amtszeit startet.
„Das hätte ich gerne auch noch gemacht“
Als schade empfindet der Bürgermeister, dass der Bau der Gustavsburger Feuerwache noch nicht umgesetzt werden konnte und es nicht gelang, ein neues Verwaltungsgebäude mit Räumlichkeiten für Bürger und Vereine im Zentrum von Gustavsburg zu bauen. „Die ISEK-Umfrage zeigte klar, dass es einen starken Wunsch und großen Bedarf an der Ortskernstärkung gab und gibt“, so Thies Puttnins-von Trotha. Dass der politische Prozess rund um die Thematik »Bürgerhaus Gustavsburg« bis heute kein vorzeigbares Ergebnis brachte, bedauert er: „Es wurden weitere sechs Jahre diskutiert und drei Standorte geprüft, ohne die Raumproblematik zu lösen“, sagt er nachdenklich.
„Das werde ich vermissen!“
Während er den Kommentaren auf Social Media über die Arbeit der Stadtverwaltung nicht nachtrauert, denkt er an viele schöne Momente zurück, in denen er im Bürgerdialog Freude hatte. „Die reduzierte Kommunikation auf Facebook lässt oft das große Ganze außer acht. Die persönlichen Gespräche mit engagierten Bürgern empfand ich hingegen als sehr wertvoll. Ich wünsche mir, dass sich mehr Einwohner von GiGu für und in der Stadt engagieren“, so Thies Puttnins-von Trotha.
„Es geht um die Bürger!“
Dankbar ist er seinem Nachfolger für die bereits vor Amtsantritt investierte Zeit. „Ich habe mich sehr für eine gute Übergangsphase eingesetzt und stehe seit einem halben Jahr in engem Austausch mit Thorsten Siehr. Ein reibungsloser Übergang ist mir für die Bürger und Verwaltungsmitarbeiter ein persönliches Anliegen“
Private Freude und Trauer
In seiner sechsjährigen Amtszeit wuchs auch seine Familie. „Johanna und ich sind mittlerweile zu fünft, denn 2016 kam mein zweiter Sohn Johannes und im April diesen Jahres meine erste Tochter Philippa auf die Welt. Allerdings gab es auch Grund zur Trauer. Meine Mutter und Schwiegermutter starben in dieser Zeit“, erinnert sich Thies.
„Erst mal `ne Auszeit!“
„Die Stadtentwicklung wird mich so schnell nicht kalt lassen“, beschreibt Thies Puttnins-von Trotha seine Gedankenwelt. Auch heute, kurz vor dem Amtswechsel, beschäftigen ihn Themen intensiv, die nicht mehr in seine Zeit fallen. „Bevor ich mir etwas Neues suche, gönne ich mir eine Phase der Entwöhnung bis Anfang September“, so der Bürgermeister zu seinen Zukunftsplänen.
Thies‘ Sprünge ins kalte Wasser gehören zu den Eigenschaften, die GiGu künftig vermissen könnte. Positiv werde ich mich aber auch an seinen Umgang mit schwierigen Situationen erinnern. Am Abend seiner Niederlage bei der Landratswahl gratulierte er Thomas Will als Erster live in der Hessenschau und saß am Morgen danach pünktlich um 8 Uhr an seinem Schreibtisch im Rathaus. So sehen gute Verlierer aus! Übrigens: Auch Konflikte nahm er immer sportlich und reagierte nie nachtragend, was die Amtsübergabe an Thorsten Siehr (seinen ehemaligen Gegenkandidaten von 2015) und meine persönliche Erfahrungen belegen. Ich hoffe, er und sein Spirit bleiben GiGu erhalten.
Axel S.
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