Austausch zur Erinnerungskultur

Der HGV zu Gast beim Nauheimer Heimatverein

„Warum denn in die Ferne schweifen?“, fragte sich der Heimat- und Geschichtsverein Bischofsheim (HGV), als er zu seinem diesjährigen Ausflug in die Nachbarkommune nach Nauheim einlud. Mit dabei waren die vielen helfenden Hände, die auch über die Pandemie hinaus als Ehrenamtliche dem Museum zur Verfügung standen. Bei herrlichem Sommerwetter ging es über altes Kopfsteinpflaster vorbei an renovierten Fachwerkhäusern durch den alten Ortskern. Geschichte und Geschichte der Gemeinde wurden dank der informativen Führung von Gemeindearchivar Lothar Walbrecht lebendig und die Entdeckungstour zu einem Erlebnis.

 

Am Friedrich-Ebert-Platz belegten historische Fotos den Wandel der Zeiten, auf dem dereinst auch ein Denkmal die Namen jener Nauheimer festhielt, die in den deutsch-französischen Krieg zogen. Vor dem ehemaligen Rathaus von 1755 steht noch der alte Dorfbrunnen, eine von vielen Wasser-„Quellen“ in Nauheim, sieben weitere – künstlerisch bearbeitet – sind in den Neubaugebieten zu bestaunen. Viele hundert Jahre gab es auch eine jüdische Gemeinde, deren Geschichte grausam endete. Davon zeugt eine Bronzetafel am ehemaligen Bethaus: „Zum Gedenken an jüdische Nauheimer Bürger, die im Holocaust der Nationalsozialisten in den Jahren von 1933–1945 ums Leben kamen.“ Vor den Wohnhäusern sind Stolpersteine zum Gedenken verlegt.

 

Höhepunkt der nachmittäglichen Exkursion war der Besuch des Heimatmuseums, das sich im Erdgeschoss einer ehemaligen Schule befindet. In einem eigenen Ausstellungsraum wird deutlich, warum Nauheim sich bis zum heutigen Tage stolz als „Musikgemeinde“ präsentiert. Musikalität und Liebe zu Musik und Gesang seien „ein wesentlicher Charakterzug des Erzgebirglers“, heißt es zu einer Vitrine. Die als Vertriebene und Geflüchtete nach dem Zweiten Weltkrieg in Nauheim eine neue Heimat gefunden haben, spielten nicht nur Streich- und Blasinstrumente, sondern produzierte diese für den weltweiten Markt. Eine weitere Attraktion ist eine reichhaltig mit handwerklicher Kunst und Alltagsgegenständen bestückte „Heimatstube“ des Erzgebirgischen Heimatvereins.

 

Mechthild Rühl vom HGV, freute sich vor allem über das neue Projekt der lokalen Heimatforschung, der Neubau direkt neben dem Museum für ein Archiv. Mit öffentlichen und privaten Mittel finanziert entsteht in Parterre ein Depot für Artefakte, vor allem im ersten Stock ein Aufbewahrungsort für die historischen Dokumente mit Arbeitsplätzen. „Das sollte Ansporn sein, auch in Bischofsheim, Gemeindeunterlagen und Vereinsarchivalien aufzubereiten und zugänglich zu machen“, sagte die Vorstandssprecherin und dankte auch Ute Ansahl-Reissig, die sich als Vorsitzende des Nauheimer Heimatvereins beim abschließenden Abendessen im Hessischen Hof mit griechischem Essen und regionalem Äppelwoi sich auch zukünftig mehr Austausch unter den Museen im Kreis wünschte.

 

Text und Foto: Wolfgang Schneider



15.06.2023