Flammendes Inferno, Giftgasalarm, Brandstiftung und andere Katastrophen

Ehrengemeindebrandinspektor Rüdiger Groß blickt mit 80 Jahren zurück auf ein bewegtes Leben

Rüdiger Groß vor der Kulisse von Mainz, einem Kunstwerk seines Freundes Norbert Haus

Eigentlich wollte er gar nicht zur Feuerwehr. Aber beim traditionellen Ball im Bürgerhaus zum Jahresbeginn wäre er, der gebürtige Bischofsheimer, schon gerne dabei gewesen. Und dafür musste man Mitglied werden. Sein Onkel, der damals amtierende Kommandant der Blauröcke Karl Groß, machte es möglich, rückwirkend zum 1.1.1968, und schickte ihn in die Kleiderkammer zum „Guthmanns Peter“. Am Abend stand Rüdiger Groß dann schließlich in einer Reihe mit all den anderen uniformierten Brandbekämpfern in der von Schulpedell Heinrich Kohlmann angeführten Polonaise. 

 

Mehr als fünf Jahrzehnte diente Rüdiger Groß der Freiwilligen Feuerwehr Bischofsheim im Ehrenamt. Nach 25 Jahren als Ortsbrandmeister wurde er zum Ehrengemeindebrandinspektor ernannt und pflegt noch heute die Kameradschaft in der Alters- und Ehrenabteilung. Letzte Woche feierte „tout Bischem“ seinen 80. Geburtstag. Rückblickend erinnert er sich an einige der Katastrophen, die es im Ort, an der Bahn oder auf dem Main zu bewältigen gab. Brennende Strohballen, Wohnungsbrände mit Todesfolge, dem Großbrand im Binding-Lager und immer wieder Gefahrgut-Einsätze im Güterbahnhof zeugen von den unterschiedlichen Aktivitäten, zusammengestellt in einem dicken Buch, das ihm die Kollegen zum Abschied vermachten.

 

Der erste Arbeitstag im Bauamt war auch der erste Urlaubstag

1944 geboren, erlebt der kleine Rüdiger die Folgen des Zweiten Weltkrieges am eigenen Leib. Der Vater war drei Jahre in französischer Gefangenschaft, Mutter und Bruder wurden mit ihm evakuiert. Nach der Grundschule mit mehr als 50 Kindern in der Klasse, besuchte er die Realschule in Groß-Gerau und absolvierte eine Ausbildung als Bauzeichner. 1969 holte ihn Bürgermeister Hans Dorr ins Bauamt. Der erste Arbeitstag musste aber auch der erste Urlaubstag werden, denn es galt, dem Männergesangverein Germania beim 100-jährigen Jubiläum nach dem Frühschoppen beim Abbau des Festzeltes behilflich zu sein.

 

Geselligkeit wird beim Clan der Große großgeschrieben 

Ein Jahr später heirateten Rüdiger Groß und Johanna Kreußler, die sich über die die evangelische Jugendarbeit kannten. Gefunkt hatte es bereits Jahre vorher, bei einem „Bunten Abend der Bahn“ im Schloss zu Mainz. „Als Gruppe gestartet, wurden wir beim Tanzen schließlich ein Paar.“ Und aus dem Paar eine Familie, zunächst mit den zwei Söhnen Christian und Matthias, mittlerweile zudem mit fünf Enkeln. Geselligkeit wird beim Clan der Große großgeschrieben. Auch unter Umgehung der in Bischofsheim lange Zeit getrennten Wege beider christlicher Kirchen. Eine Generalversammlung der Kolping-Familie musste entscheiden, ob auch Protestanten bei der Fastnacht mitmachen durften.  

 

Rüdiger Groß kann sich an ein erfülltes Leben erinnern, vor allem durch und mit der Feuerwehr. Ereignisreich waren die Partnerschaften mit den Kameraden im bayerischen Beilngries, mit Mittweida noch zu DDR-Zeiten, später die Hilfslieferungen nach Dzierzoniow; legendär die Sommerfeste, die Fahnenweihe oder das Wagnis, einmal ein komplettes Schiff zu chartern und mit mehr als 2000 begeisterten Gästen den Rhein, begleitet mit Wasserfontänen dank Tragkraftspritze, rauf und runter zu fahren. Auch mit den Nachbarn in der Gustavsburger Straße gab es immer was zu feiern, bei diversen Straßenfesten oder beim Volksradfahren. Pokale zeugen vom gemeinschaftlichen Engagement, ebenso wie zahleiche persönliche Ehrungen für den prominentesten Feuerwehrmann der Gemeinde.

 

Professor Dr. Wolfgang Schneider



29.08.2024