Seit einigen Jahren erinnert der Heimat- und Verkehrsverein Ginsheim-Gustavsburg (kurz: HVV) durch das Anbringen von „Straßen-Zusatzschildern“ an Straßenbezeichnungen, die im Volksmund gebräuchlich waren – und es teilweise bis heute sind. Am vergangenen Donnerstag (09.09.) enthüllten um 17 Uhr Hans-Benno Hauf (Heimat- und Verkehrsverein) und Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha (CDU) in Anwesenheit geschichtsinteressierter Ginsheimer, wie dem HVV-Vorstandsmitglied Horst Seil, dem Bauer Rudolf Guthmann und weiteren das Schild „Bienesgässje“.
Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich – obwohl ich in Ginsheim aufwuchs und hier lebe – keine Ahnung hatte, wo sich das Bienesgässje befindet. Da ich mir für die Enthüllungszeremonie im Kalender nur „Dammstraße am Bienesgässje“ notiert hatte, fuhr ich kurz vor fünf verzweifelt Straßen wie „Am Wingert“ usw. Richtung Damm, in der Hoffnung, eine heimatgeschichtliche Festgesellschaft vorzufinden. Meine Rettung fand ich in der Bacchusstraße in Form von Helmut Hauf (u.a. bekannt vom Basis e.V.) und Reinhard Wiethe (Mitarbeiter der Stadtverwaltung). Sie wiesen mir den Weg und Helmut versorgte mich direkt mit Fachwissen darüber, worauf der Straßennahme zurückzuführen sei.
Das „Bienesgässje“ liegt zwischen Damm- und Hauptstraße und trennt die Grundstücke Hauptstraße 67 und 69 von einander. Das Straßen-Zusatzschild findet sich ab sofort auf der Dammstraße zwischen dem Hotel- und Restaurant Schäfer und dem kleinen Dämmchen Richtung Neckarstraße. Vor der feierlichen Enthüllung mit Sekt und allem was dazu gehört, erläuterte Hans-Benno Hauf, dass sich der Name „Bienesgässje“ in Ginsheim etablierte, weil hier viele Familien mit gleichen Nachnamen lebten. Im Fall des „Bienesgässje“ handelte es sich um die Familie Rauch, die ein Fachwerkhäuschen in der Hauptstraße 56 (direkt gegenüber des Durchgangs zur Dammstraße – dem „Bienesgässje“) besaßen. Um diese Familie von anderen Rauchs zu unterscheiden, nannte man beispielsweise den Vater „Bienes-Vadder“ oder seinen Sohn „Bienes-Karl“. Die Recherchen von Hans-Benno Hauf ergaben, dass es als Begründung für die Bezeichnung „Bienes“ zwei Möglichkeiten gab. Zum einen soll der „Bienes-Vadder“ den Weg genutzt haben, um seine auf dem Grundstück Amelung stehenden Bienenkörbe zu versorgen. Eine andere Erklärung findet sich im Vornamen der Mutter Jakobine Rauch, die als Abkürzung vielleicht „Bienchen“ gerufen wurde.
Hans-Benno Hauf erinnert sich noch gut an den ledigen Sohn Karl. Er ging im Familienhaus dem Schneiderberuf nach und entwarf unter anderem Kostüme fürs Mainzer Theater. 1972 wurde er dort zum Abendhelfer und man entdeckte ihn ab und an in einer kleinen Nebenrolle oder als Statist auf der Bühne.
Die Idee für die Straßenzusatzschilder geht auf die Anwohner der Elisabethenstraße, der „Sandgass“ und der Friedrich-Ebert-Straße, der „Leibwehgass“, zurück. 2011 enthüllten der HVV und der damalige Bürgermeister Richard von Neumann (SPD) das Zusatzschild „Kerschgass“. Es folgten die „Froschkaut“ und die „Milchgass“ in Gustavsburg, die Ginsheimer „Backesgass“ und das „Postgässje“. In diesem Jahr teilen sich HVV und Stadtverwaltung die Kosten für das Zusatzschild „Bienesgässje“.
Der Heimat- und Verkehrsverein plant für die kommenden Jahre weitere Straßen-Zusatzschilder.
Axel S.
„Bienes“-Vadder
1930er Jahre
„Bienes“-Karl
ca. 1947
Der Heimat- und Verkehrsverein Ginsheim-Gustavsburg (kurz: HVV) besteht seit 1954. Er führt und betreut das Heimatmuseum in der Hauptstraße 25 im Auftrag der Stadtverwaltung Ginsheim-Gustavsburg.
Weitere Infos über die Arbeit des Vereins gibt es unter www.hvv-gigu.de.
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