Die Integrierte Gesamtschule in Ginsheim vereint alle Bildungsgänge unter einem Dach. Zudem schafften es die „Alten 68er“, die der IGS-Mainspitze vor rund 50 Jahren Leben einhauchten, diese Schule mit ihrer DNA auszustatten. So gehört Offenheit und Unterrichten auf Augenhöhe nach wie vor zum Lehrplan der Bildungsinstitution in der Sophie-und-Hans-Scholl-Straße. Kein Wunder, dass die Wirtschaftsförderung von Ginsheim-Gustavsburg mit ihrem Wunsch nach Zusammenarbeit in Sachen Berufsausbildung im Jahr 2012 auf offene Ohren und funkelnde Augen der damaligen Schulleiterin Elisabeth Mudersbach stieß. In den letzten zehn Jahren perfektionierte Verwaltungsmitarbeiter Andreas Klopp in enger Zusammenarbeit mit dem Stufenleiter der Klassen 9 und 10 sowie dem beauftragten Lehrer für Berufsorientierung die „Ausbildungsinfotage“. Wie in einem Ökosystem verschmelzen hier Schüler und Unternehmen zu Zukunftsperspektiven. Auch die Gemeinde Bischofsheim stieg ins Projekt mit ein und der städtische Wirtschaftsförderer Andreas Klopp bekam eine Kollegin, die sich seit diesem Jahr federführend um die Ausbildungsinfotage kümmert.
Die Ausbildungsinfotage fanden am 18. und 19. Oktober statt.
Eine Fortsetzung in 2024 ist geplant.
Über 100 Ausbildungsbetriebe lud die Wirtschaftsförderin Sabine Flügel zum Speed-Dating mit Schülern der IGS-Mainspitze ein. 33 Unternehmen sagten zu – rund zehn mehr als vor einem Jahr. „Die Firmen schätzen die Niedrigschwelligkeit. Es gibt keine RollUps, man sitzt an einem Tisch und führt lockere Gespräche“, so die neue Wirtschaftsförderin. „Es nehmen Schüler der Klassen 8, 9 und 10 an den Gesprächen teil, wodurch die Unternehmen die Entwicklung der jungen Leute miterleben. Ich denke, dies ist ein Grund für das hohe Interesse der Firmen, obwohl es »nur« um den kleinen Kreis von Schülern einer Schule geht“, erzählt Lehrer Thomas Wolf.
Praktika und Ausbildungsstellen
Im Laufe der Jahre testeten Schule und Wirtschaftsförderung zwei Veranstaltungsformate aus. Neben dem heutigen Speed-Dating, bei dem sich die Schüler im Vorfeld für Kurzgespräche mit den Betrieben verabreden, gab es auch mal eine Ausbildungsexpo mit Messeständen. Das positive Feedback zu den persönlichen Gesprächen motivierte Lehrer und Wirtschaftsförderung, das Speed-Dating-Konzept weiterzuentwickeln. „Es kann überfordernd sein, sich auf dem Arbeitsmarkt zurecht zu finden“, betont Bürgermeisterin Lisa Gößwein. Den Weg ins Berufsleben in den Schulalltag zu integrieren sei eine gute Möglichkeit, weil keine weitere Freizeit geopfert werden müsse. Bürgermeister Thorsten Siehr hob hervor, dass die Kommunen auf mehreren Ebenen von der Kooperation profitieren. „Wir führen den örtlich ansässigen Firmen Fachkräfte zu, geben jungen Menschen Ideen zur Entwicklung und stellen unsere kommunalen Ausbildungsberufe vor“, so der Bürgermeister. „Zahlreiche Praktika und Ausbildungsstellen kamen bereits zustande“, freuen sich die Lehrer Martin Weis (Stufenleiter 9 und 10) und Thomas Wolf (Olof-Beauftragter). Das Spektrum der Ausbildungsstellung umfasst Firmen aus der Bau- und Automobilindustrie, Dienstleister und Handel. Auch soziale Institutionen wie Seniorenpflege und öffentliche Einrichtungen wie Polizei und Bundeswehr boten ihre Berufsausbildungen an. Da sich für manche Unternehmen mehr Schüler interessierten, als Termine vorhanden waren, richteten die Organisatoren auch Gruppen-Speed-Datings ein.
„Mädchen drängen in Jungsberufe“
In berufsvorbereitendem Unterricht lernen die IGS-Schüler bereits ab der 8. Klasse, wie sie Lebensläufe und Bewerbungen verfassen. Schüler der 9. und 10. Klasse nehmen unabhängig zu den Ausbildungsinfotagen Termine mit Berufsberater:innen in der Schule wahr, was eine Kooperation mit der Kreisverwaltung und der Agentur für Arbeit ermöglicht. Als wertvoll bezeichnen die Lehrer an dieser Stelle die Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum direkt hinter der Sporthalle: „Ob Bewerbungstraining oder Fotos für den Lebenslauf – Michaela Rüffert und Oliver Diehl vom Jugendbüro sind für unsere Schüler da“, sagt Martin Weis dankbar. Ein wichtiger Bestandteil der Berufsorientierung sei auch der „Girls‘ and Boys‘ Day“, bei dem die Schüler jährlich ein Tagespraktikum absolvieren. „Die Idee entstand vor 20 Jahren als »Girls Day«, um Mädchen Männerberufe näher zu bringen. In meinem Schulalltag sehe ich, dass es für Mädchen heute normal ist, »Jungsberufe« zu testen und zu ergreifen. Umgekehrt ist das nicht der Fall. Wir brauchen jetzt mehr Jungs-Förderung“, betont Thomas Wolf.
Da sich die Schüler der IGS-Mainspitze entscheiden müssen, wie es nach der Klasse 10 für sie weitergeht, bietet die Schule parallel Hospitationen an der gymnasialen Oberstufe in Rüsselsheim (Gustav-Heinemann-Schule) und dem beruflichen Gymnasium (Werner-Heisenberg-Schule) an.
„Einige Schüler geraten ins Schwimmen, wenn sich der Schulabschluss nähert. Viele nehmen Schule als sicheres Umfeld wahr und ziehen daher eine Berufsausbildung nicht von sich aus in Erwägung. In meiner ehemaligen 10. Klasse überzeugten wir einige eine Ausbildung zu machen. Heute sind sie sehr glücklich, obwohl einige um 6 Uhr aufstehen müssen. Sie genießen die neuen Lebenserfahrungen und auch, dass ich keine Gedichtinterpretationen mehr von ihnen verlange“, resumiert der beauftragte Lehrer für Berufsorientierung. Eine Ausbildung sei keine Lebensentscheidung, sondern ein Weg für rund drei Jahre, in eine Richtung auf die man Lust habe, so der Tenor beim Pressegespräch .
Axel S.
Wirtschafsförderin Sabine Flügel (mitte) wurde von den Schülerinnen Lisa Klein und Emily Willberg bei der Organisation untersützt. „Der Morgen war wuselig, die beiden meine Retterinnen“, sagte Sabine im Gespräch mit dieser Zeitung.
Ausbildung bei der Gemeinde Bischofsheim? Bürgermeisterin Lisa Gößwein, Verwaltungsmitarbeiterin
Jasmin Tegtmeyer und die Leiterin des Bauhofs Susanne Schnell im Gespräch mit einer Schülerin der IGS-Mainspitze.
... was macht man? ... was verdient man? ... und vieles mehr wollen die jungen Menschen wissen.
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