Was jetzt kommt, erinnert etwas an die Weihnachtsgeschichte mit Maria und Josef. Zwar ohne Jesuskind, Hirten und Könige, dafür mit Engeln in Gestalt von Fluthelfern, improvisierten Unterkünften mit Charme und großer Freude an kleinen Gaben. Mit einer Sammel-aktion riefen die Ahrtal-Fluthelfer-Mainspitze die Menschen der Region auf, Süßigkeiten zu spenden. Die Idee: 4.000 Weihnachssocken für Kinder im Flutgebiet packen und diese vor Ort – bei Weihnachtsmärkten – verschenken. Belohnt wurde der Einsatz der Ahrtal-Helfer mit zahlreichen Spenden, glücklichen Kinderaugen und besonderen Weihnachtserlebnissen.
„Ich durfte das erste Fest nach der Flut miterleben“, erzählt Marion Görtz, die zum Verteilen der Geschenke mit ins Krisengebiet fuhr. Obwohl wegen fehlender Infrastruktur und dem Corona-Infektionsgeschehen Weihnachtsmärkte im bekannten Sinn nicht stattfanden, gab es in Dernau und Kreuzberg „selbstgebastelte“ Adventsfeste. Die Fluthelfer verteilten dort einen Teil der Geschenke und stellten das Karussell von Sven Euller (auch Fluthelfer) auf. Auch wenn die Märkte im direkten Vergleich zu Großveranstaltungen, wie dem Mainzer oder Frankfurter Weihnachtsmarkt eher „jämmerlich“ ausgestattet waren, entstand eine Stimmung, die Fluthelferin Marion Görtz als „die besonderste Weihnachtsatmosphäre ihres Lebens“ beschreibt. „Ich wollte gar nicht mehr weg. Die Herzlichkeit, Dankbarkeit und die grenzenlose Bereitschaft der Menschen, alles zu teilen, berührte mich tief. An keinem Stand wurde Geld verlangt. Jeder bot etwas an, um zu dem gemeinsamen Fest beizutragen“, erinnert sich Marion Görtz. „Es gab Pizza, Glühwein, Kuchen, Muffins, Waffeln, Plätzchen, ein Schmied war da, die Feuerwehr machte Bratwurst und jemand verteilte Tüten mit Backutensilien. Sogar an einen Stand, wo sich Kinder kostenlos mit Weihnachtsgeschenken für ihre Eltern eindecken konnten, wurde gedacht“, so Marion. Es verwundert daher nicht, dass auch das mitgebrachte Mini-Karussell zur beliebten Attraktion wurde.
Um die Geschenke nicht nur in Dernau und Kreuzberg zu verteilen, fuhren die Ahrtal-Fluthelfer-Mainspitze den ganzen Tag durchs Ahrtal und verteilten überall dort ihre Geschenke, wo sie Kinder sahen und deponierten sie zur Abholung an örtlichen Treffpunkten.
Den Grundstein für die weihnachtliche Spendenaktion legte u.a. Torsten Schad, der bereits im Juli mit einigen Helfern ins Flutgebiet reiste, um spontan und unkompliziert zu helfen. Seit Beginn der Katastrophe steht Torsten nicht nur in engem Kontakt mit den Menschen im Krisengebiet, sondern ist – nach wie vor – regelmäßig vor Ort und packt mit an. In der Mainspitze inspirierte er weitere Helfer – wie beispielsweise Marion – mitzumachen. „Mein Sohn zog aus und ich hatte einen Kühlschrank abzugeben. So nahm ich Kontakt mit Torsten auf, der schon genau wusste, wer sich da unten über eine Kühl-Gefrier-Kombo freuen würde“, sagt Marion, auf die diese erste Begegnung eine besondere Wirkung hatte. „Mir wurde noch bewusster, in welcher Situation sich die Menschen im Ahrtal befinden“. So engagierte sie sich u.a. für die Weihnachts-Sammelaktion, für die sie ihr heimisches Arbeitszimmer so mit Spenden vollstellte, dass ihr nur noch ein 20 Zentimeter breiter Weg zum Schreibtisch blieb. Außerdem ermöglichte die ehrenamtliche Rettungssanitäterin, dass die Räumlichkeiten des Deutschen Roten Kreuzes in Bischofsheim zum Verpacken der Geschenke zur Verfügung standen.
Als interessant empfinde ich, dass jeder der Helfer der gesamten Situation mit tiefer Dankbarkeit begegnet. Alle freuten sich über die Vielzahl der Spenden, schätzen die Begegnungen im Krisengebiet und bedanken sich explizit dafür, dabei gewesen sein zu dürfen. Hut ab für diese Haltung!
Die Ahrtal-Fluthelfer-Mainspitze bedanken sich bei allen Süßigkeiten-Spendern, sowie der Unterstützung vom „Autohaus Günther und Schmidt“ aus Flörsheim und der Gemeinde Bischofsheim, die Transportfahrzeuge zur Verfügung stellten. Für die Zukunft wünschen sich Marion, Torsten und das Fluthelfer-Team, dass die Menschen im Ahrtal nicht vergessen werden. „Die Situation vor Ort ist noch lange nicht in Ordnung und die Menschen da unten verdienen so lange Hilfe und Unterstützung, bis sie wieder da sind, wo sie vor der Katastrophe im Juli waren“, so die Ahrtal-Fluthelfer-Mainspitze.
Axel S.
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